"Meine Aufgabe, einen Augenblick höchster
Selbstbesinnung der Menschheit vorzubereiten, einen großen
Mittag, wo sie zurückschaut und hinausschaut, [...] "
aus
"Ecce Homo" von Friedrich
Nietzsche (geschrieben 1888)
Die Zeit, die Weltgeschichte, der Augenblick - Was Nietzsche uns sagen wollte!
Man weiss unglaublich viel über die
Vergangenheit der Menschheit. Und für die Zukunft
scheinen viele existentielle und politische Rahmenbedingungen
festzustehen, der Anstieg des Meeresspiegel z.B. oder die
immer größere Abhängigkeit von digitalen Systemen. Aber
vorherzusagen, was in 30 Jahren passiert, ist doch wenig
realistisch. Eine Aufgabe zu definieren, die auf der Höhe
der Zeit ist, und diese zu lösen zu versuchen, ist eine
Alternative.
Vielleicht ist jetzt gerade Nietzsches "großer Mittag"!
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Von der Abschaffung der ABC-Massenvernichtungswaffen durch Überwindung kollektiver Macht
Institution der politischen Selbstständigkeit des
Individuums
Motto: Keine Politiker, keine Bosse, keine Führer oder Machthaber, keine Tyrannen, Diktatoren, keine Präsidenten, Direktoren,
keine CEOs oder Parteichefs, keine Päpste, Gurus oder Heilige, keine Oligarchien, Monarchien, Demokratien,
Religionen oder Staaten
können die ABC Massenvernichtungswaffen abschaffen. Systeme oder eine KI können das auch nicht!
Und Anarchien und Revolutionen? Sie helfen nicht, weil sie alle nur
wieder bei Politikern, Bossen, Führern oder Machthabern, Tyrannen ... enden!
Einführung - "Stunde Null"
Eine "bessere Welt" wird es nie geben, denn jede Person nimmt die Welt anders wahr.
Was wir brauchen ist ganz nüchtern die zeitgemäße Fortsetzung
der Tradition der Machtbegrenzung (Gewaltenteilung). Denn je größere Agglomerationen von Macht es gibt,
desto größer sind die Folgen, wenn diese Macht missbraucht wird.
Heute sind die Folgen des Machtmissbrauchs im schlimmsten Fall so groß, dass die Kollektivität an sich in Frage gestellt
werden muss.
Wir leben in der paradoxen Situation, als das Gruppen- oder Gesellschaftslebewesen homo sapiens, das wir sind,
von den dominanten
zeitgenössischen Formen dieser "natürlichen" Kollektivität, den mit ABC-Waffensystemen ausgestatteten großen Nationen,
in unserer Existenz als Art insgesamt bedroht zu werden. Solange diese Waffensysteme existieren,
genügt dafür schon ein Versehen, ein Fehler oder ein Psychopath, um die Bedrohung in ein reales Desaster zu verwandeln.
Kann man sich eine "Stunde Null" nach einem möglichen großen 3. Weltkrieg virtuell vergegenwärtigen -
nicht was die wohl kaum überbietbaren "postapokalyptischen" Schrecken betrifft,
sondern bezogen auf die politische Bedeutung eines solchen Ereignisses.
Nach dem unfassbaren Horror des 2. Weltkriegs gab es wirklich eine "Stunde Null". Nicht zuletzt wurde damals die UNO
als Nachfolgeinstitution des Völkerbunds geschaffen, um ein Gremium der größten Mächte zu haben, das den Weltfrieden
in Zukunft garantieren kann.
Diese Art "Stunde Null" ist selten. Es gibt sie wohl nur nach großen, alle Grenzen überschreitenden
Gewaltereignissen (z.B. der Dreissigjährige Krieg).
In viele Fällen betrachten Mächtige der Welt das Foltern, Töten und sogar Krieg Führen immer noch eher als
Methoden ihrer Herrschaft, denn als Anlass, etwas Grundlegendes zu ändern. Die
Abschreckungsdoktrin des "Kalten Krieges" konnte das erwartbar nicht ändern.
Auch wenn Generäle gerne denken, sie könnten jeden Krieg schnell und ohne großen eigenen Schaden gewinnen,
ist es realistisch und vernünftig, von einem 3. Weltkrieg auszugehen, der zuviel an Menschenleben und
Zivilisationsstrukturen
vernichten würde, als dass eine "Stunde Null" für einen politisch-historischen Neuanfang überhaupt noch möglich wäre.
Wenn wir diesem Gang der Geschichte nicht ausgeliefert werden wollen, dann können wir versuchen, in einer virtuelle
Vorwegnahme der "Stunde Null" nach einem 3. Weltkrieg
alle partikularen Kollektivinstitutionen auf der Welt wie z.B. Staaten, Organisationen, Unternehmen grundlegend
in Frage zu stellen - so grundlegend, als wären sie durch den 3. Weltkrieg gefallene Götter und nicht mehr existenzfähig.
Jede kollektive Institution und ihre Vertreter, wieviel Macht und Bedeutung sie in der gegenwärtigen Welt auch haben,
stehen unter dem Vorbehalt, in einem jederzeit möglichen 3. Weltkrieg ein Ende zu finden
und ihn nicht verhindert zu haben, wenn er denn stattfindet.
Solch virtuelle "Stunde Null" muss wegen der drohenden Mega-Zerstörungen in ein viel radikaleres Denken münden,
als es in der "Stunde Null" nach den Gewaltexzessen des 2. Weltkrieg realiter möglich war.
Einen Prozess der Veränderungen anstossen, der die Welt ohne vorherige Gewaltexzesse über die nach dem 2. Weltkrieg
geschaffenen Friedens-Institutionen hinausführt und Formen des menschlichen Zusammenlebens etabliert,
die einen 3. Weltkrieg faktisch ausschließen. Der einzelne individuelle Mensch als politische Institution soll die
verfassungspolitische Basis dafür sein! Der Gedanke verblüfft zunächst. Aber damit ist keineswegs gemeint, dass die Menschen
alleine leben und keine Solidarität mehr untereinander üben!!
Damit ist gemeint, dass die einzelnen Personen die Maßstäbe der Welt und der Gesellschaften setzen
und eben nicht mehr die Kollektive von der kleinsten Familie bis zu den größten Nationen -
trotz unser aller Abhängigkeit vom kollektiven Leben und von der Solidarität unserer Mitmenschen.
Und dafür benötigt der individuelle Mensch, die einzelne Person eine solide Basis und auch ein eigenes Maß.
Das kann nur eine Institution liefern.
Außerdem sollte man die Zivilisationskraft der heutigen Menschheit als groß genug annehmen, um jedem Menschen
sein Leben zu ermöglichen, wenn diese Kraft nicht mehr den partikularen Kollektiven dient. Wie die Menschen zusammenleben,
können sie im Rahmen dessen selbst entscheiden. Es liegt im Interesse jeder einzelnen Person, in einer guten Gruppe
und in einer guten Gesellschaft leben zu können.
Dieser Text steht in keinerlei Konkurrenz zu Überlegungen, wie man die
Klimaerwärmung vermindern kann und wie ihre katastrophalen Folgen bewältigt werden könnten!
Im Gegenteil, wenn die "vorsintflutlichen" Formen kollektiver Machtpolitik überall auf der Welt endlich ihren
Nimbus verlieren würde, dann wäre die Klimapolitik leichter aus dem Kampf der
Interessen herauszuhalten und große gemeinsame Anstrengungen in der Sache wären besser realisierbar.
1. Geschichte
Der Philosoph
Baron de Montesquieu (1689-1755) schrieb in seinem Werk "Der
Geist der Gesetze" (1748), dass es Freiheit in einem
Staatswesen nur geben kann, wenn es neben der Legislative und
der Exekutive eine dritte unabhängige Gewalt gibt, die
Judikative. Die Könige und Kaiser seiner Zeit nahmen davon
keine Notiz. "L´État, c´est moi!" sagte angeblich
der Sonnenkönig Ludwig der 14. (1638-1715).
Als John
Locke (1632-1704) seine Gedanken zum Schutz des
Privateigentums vor dem Zugriff der staatlichen Macht oder der
Fürstenmacht als eines Grundrechts formulierte, ließen sich
die zeitgenössischen blaublütigen Fürsten und Könige davon
nicht beeindrucken. Der Gedanke allgemein-menschlicher
Grundrechte lag ihnen fern.
1762 veröffentlichte
Jean-Jacques Rousseau (1712-1778) sein berühmtes Werk
"Gesellschaftsvertrag". Darin prägte er den Begriff
der Volkssouveränität. Es musste erst die französische
Revolution, die Schreckensherrschaft des irregeleiteten
Robespierre, die Napoleonischen Kriege und das Hin und Her immer neuer
Könige und Kaiser vergehen, ehe dieses Werk eine Chance
bekam, die reale Staatsverfassung grundlegend zu beeinflussen.
Denn in
Frankreich dauerte es bis 1871, bis nach der Niederlage gegen
das zukünftige Deutsche Reich, als endlich die Ideen und
Prinzipien von Montesquieu, Locke, Rousseau u.a. die
Entstehung einer republikanischen Staatsverfassung leiten
konnten. Frankreich war dann die einzige Republik in Europa zu
dieser Zeit. Wieviel Gewalt und Krieg war bis dahin
geschehen?!
In England konnte sich das Bürgertum
schon früher eine gewisse Unabhängigkeit von der Krone
erkämpfen. Seit 1688 ist das Land eine konstitutionelle
Monarchie, in der das Parlament eine gewisse politische Macht
innehat. Die nicht zuletzt von Engländern besiedelten
amerikanischen Kolonien nahmen diesen Ball der politischen
Emanzipation auf, erklärten nach Streitereien und Krieg 1776
ihre Unabhängigkeit vom Mutterland England und gründeten
eine Republik, die U.S.A..
Deutschland war der
schwerste Fall. Man mag an die unzähligen Toten, Ermordeten,
Verletzten und Traumatisierten aus zwei sinnlosen Kriegen
nicht denken. Man muss sich fragen, ob die Menschen damals in
Mitteleuropa zurechnungsfähig waren? Erst nach 1945
konnten die Prinzipien demokratisch-republikanischer
Rechtsstaatlichkeit in diesem Land einigermaßen soliden Boden
finden.
Für jedes Land auf der Erde läßt sich eine
Befreiungsgeschichte gemäß den Ideen der Demokratie
erzählen. Oft war es eine Befreiung von extrem grausamer
Kolonialherrschaft. Bis heute folgt dann manchmal eine
Geschichte des erneuten Verlustes der Freiheit. Fast immer
spielt Gewalt, Revolution oder Krieg eine desaströse Rolle.
Müssen manche fortschrittlichen Gedanken erst
Jahrhunderte warten, bis sie politische Realität werden
können? Können die Beharrungskräfte der alten Ordnungen
nur nach entsetzlichen Krieges- und Gewaltexzessen entmachtet
werden?
2. Der einzelne Mensch als politische Institution
Hier soll eine neue politische Institution vorgestellt
werden, die "Institution der politische Selbstständigkeit
des Individuums". Sie ist aus der Erkenntnis entstanden,
dass in der gegenwärtigen Epoche die Welt politisch und
insbesondere militärpolitisch über die einzelnen
Nationalstaaten hinauswächst.
Worum es dabei nicht geht, ist eine
neo- oder pseudoliberale Kritik an politischen Regeln. Worum es geht,
ist die internationale Welt allen Menschen in die Hand zu geben,
denn: ABC-Massenvernichtungswaffen
sind keine geeigneten Mittel, um Konflikt zwischen Staaten zu
lösen! Also müssen die Staaten von diesen Waffen erlöst werden.
Man kann sich keinen Nationalstaat
vorstellen, der seine souveräne Macht
über die ganze Welt ausdehnen und eine globale politische
Ordnung schaffen könnte, um dann die ABC-Massenvernichtungswaffen
abzuschaffen. Denn davor stünde ein
selbstzerstörerischer Krieg unter Verwendung eben dieser
ABC-Massenvernichtungswaffen.
Es ist ein fataler und unendlich gefährlicher
Zustand, dass Nationalstaaten in potentieller oder manifester
Konkurrenz oder Feindschaft zu anderen Nationalstaaten stehen.
Denn das bedeutet, es existiert ständig eine latente
Kriegsgefahr und die ABC Massenvernichtungswaffen können
nicht abgeschafft werden.
Zudem, wenn eine der Atommächte
glaubt, ins Hintertreffen zu geraten oder dass sich die
anderen großen Mächte gegen sie zusammenschließen, könnte
sie sich zu einem Präventivschlag hinreissen lassen.
Es
gibt weitergehende Aspekte: Was würde jemand mit den
Eigenschaften eines Adolf Hitler mit ABC Waffen machen? Man
weiss, dass es im "Kalten Krieg" auf beiden Seiten
Generäle gab, die die Atomraketen gerne in einer realen
Kriegssituation getestet hätten. Die Bemühungen um
taktische Atomwaffen zeugen von dem Glauben, Krieg begrenzen
zu können. Lokal mag das möglich sein - aber nicht, wenn es
um die ganze Welt geht. Sicherlich würde ein Gebrauch der
ABC Waffensysteme nicht aus durchschnittlichen Gründen
erfolgen. Doch die Geschichte kennt genug Beispiele von
exzessiven Gewalt- und Kriegsereignissen. Solange diese
Waffensysteme existieren, können sie warum auch immer
angewendet werden!
Dabei würden in einem großen
Krieg mit ABC-Waffen kaum alle Menschen sofort getötet
werden. Aber der Fortschritt der Weltzivilisation, wie wir ihn
heute kennen, würde enden. Neben den direkt Getöteten würden
Milliarden Menschen an den unübersehbaren Folgewirkungen
dieser Katastrophe erkranken oder sterben. Über die
ökologischen und ökonomischen Verwüstungen
kann man gar
nicht vernünftig nachdenken. Alleine die Möglichkeit dieser
unermesslichen Zerstörungen stellt die ganze jetzige Welt in
Frage. Wer will einen nuklearen Winter mit weltweiten
Ernteausfällen sicher ausschließen?
Aus diesem Grund gibt es praktisch und
theoretisch keinen anderen Weg, als eine neue Instanz, eine
Institution zu schaffen, die nicht in die Machtpolitik der
Staaten involviert ist und die einen Ausweg aus dieser Falle
eröffnen kann.
Aber alle bisherigen Versuche, transnationale oder transstaatliche
Instanzen zu schaffen haben
nie zu etwas geführt, was auch nur annähernd so mächtig und mit Autorität versehen
ist, als die (großen) Staaten selbst. Daher herrscht in der zwischenstaatlichen
„Welt“ nach wie vor DAS RECHT DES STÄRKEREN als ultima ratio, gebremst nur durch die
Abschreckung mit ABC Massenvernichtungswaffen.
Weil das auf Dauer zu gefährlich ist, dürfen Friede und die Freiheit der Welt
nicht mehr von dieser gegenseitigen "kalten"
Bedrohung großer Militärmächte mit totaler Zerstörung
abhängen.
Frage: Können die Menschen in ihrem alltäglichen
Leben lernen, den Frieden und die Freiheit der Welt zu
garantieren und dadurch die Abschreckungsmacht der Waffen überflüssig zu
machen?
Weil unsere Weltzivilisation ist derart überpotent geworden, könnte das schwächste Glied
allen politischen Handelns, der einzelne und
im traditionellen Sinn machtlose Mensch gerade die Instanz sein, durch die unsere sich
überschlagende Zivilisation wieder ein angemessenes Maß finden kann, um sich nicht
ad absurdum und ad exitum zu führen.
Die Menschheit als politische Entität ist ein Novum, das alle historischen Grenzen sprengt.
Denn die Menschheit ist nicht als partikulares Kollektiv mit Mitgliedern und Nicht-Mitgliedern
zu konzipieren oder darzustellen. Sie hat schlicht keine Nicht-Mitglieder ausser ihr!!
Über das theoretischen Reden von allen Menschen oder der Menschheit hinaus exisiert
sie politisch praktisch nur negativ, nämlich als die biologische Art, die durch politische Aktionen
einzelner Mitglieder dieser Art ausgelöscht werden kann.
Daher erscheint die Abschaffung der ABC
Massenvernichtungswaffen als große kollektive
Aufgabe für die Menschheit. Aber die Menschheit ist keine handlungsfähige
politische Entität. Dies ist ein weiterer Grund dafür, diese Aufgabe zu einer
individuellen Aufgabe machen - letztenendes eine Aufgabe von
aller einzelnen Menschen, die darüber zu politisch individuellen Personen werden.
Für einen so grundlegenden zivilisatorischen Neuanfang
braucht es ein neues Selbstbewusstsein der Menschen. Dazu soll
ihnen die neue grundlegende Institution politischer
Individualität verhelfen. Sie ist eine Art basisdemokratische
Monarchie - jeder Mensch ist sein eigener Souverän und
beherrscht sich selbst! Jeder trägt dadurch die politische
Grundlage der Weltgesellschaft. Nicht ein Führer, ein
Genie oder die Technologie kann die Menschheit befreien. Jede
Person verkörpert unabhängig von ihrer Familie, von ihrem
Kollektiv, ihrem Staat, unabhängig von ihrem Vermögen in der
Defensivität des Einzelseins das Heldentum der Zukunft!
3. Nie wieder Anarchie!
Dieser Vorschlag zielt definitiv nicht auf eine
falsche verstandene Freiheit der einzelnen Personen von den
Regeln der Gesellschaften, in denen sie leben. Von Anarchie
profitieren nur die Brutalsten und ihr Recht des Stärkeren.
Dieser Vorschlag zielt auch nicht auf die Vereinzelung
der Menschen. Der Mensch bleibt immer ein "zoon
politicon", ein politisches und soziales Lebewesen.
Solidarität (Liebe) ist das höchste menschliche Gut. Der
Vorschlag zielt vielmehr auf die globale machtpolitsche
Situation. Die große Aufgabe ist es, die Macht der
mächtigsten Nationalstaaten und ihres Führungspersonal
in Frage zu stellen und zu überwinden,
da sie mit den ABC Massenvernichtungswaffen das menschliche
Leben bedrohen.
Denn wie man auch immer zu dieser hier
vorgetragenen politischen Idee und zu den Argumenten steht,
die Frage steht immer im Raum, ob es wieder eine Serie von
kollektiven Gewaltexzessen der schlimmsten Art braucht, bevor
die Menschen bereit sind, ihr gemeinsames Leben zeitgemäß zu
gestalten? Braucht es zuerst den Krieg, damit die Menschen
danach genug davon haben, um endlich wieder auf ihre
Friedlichkeit zu vertrauen? Es wäre ein Krieg mit ABC Waffen!
Die neue individuelle politische Institution soll
diese Sackgasse verhindern, indem sie der Kollektivität
jeglichen Mythos nimmt. Jeder Mensch kann lernen, diese
Institution auf seine ganz eigene persönliche Art zu
verkörpern. Und alle werden langsam lernen, das Zusammenleben
mit ihren Mitmenschen auf der Basis dieser neuen Institution
zu gestalten. Da niemand mehr über Millionen andere herrscht,
ist die große militärische Macht, wie sie heute existiert,
obsolet.
Trotzdem werden Polizei, Gerichte und
Sanktionsmittel immer notwendig sein, um z.B. den gehörnten
Ehemann, der seinen Nebenbuhler tötet, zur Rechenschaft zu
ziehen. Leute, die andere Menschen böswillig schädigen,
werden nie aus der Welt verschwinden. Auch nicht die manchmal
tragischen Verwicklungen von menschlichen Schicksalen.
Das
Zusammenleben der Menschen braucht Regeln und Institutionen.
Eine Klinik oder die Feuerwehr brauchen eine hierachische
Struktur. Diese sachlich begründeten Strukturen sind aber
nicht zu verwechseln mit den formellen und informellen
Hierarchien im Rahmen von ganzen Gesellschaften. Die
Aufgabe ist es, künftig zu verhindern, dass die Macht solcher
Regeln, Institutionen und Hierarchien im Großen missbraucht
werden kann und dadurch Millionen oder Milliarden von Menschen
ins Unglück stürzt. Die Methode der Wahl dafür kann nur
sein, alle Kollektivität zu verkleinern und in ihrer
Bedeutung radikal zu relativieren. Das ist eine grundsätzliche
Beschränkung jeder Art von gesellschaftlicher Macht. Man kann
das als eine weitere Form der Gewaltenteilung interpretieren.
Kollektivität wird dann nicht mehr von einem in der
jeweiligen Geschichtsepoche zufällig bestehenden Kollektiv
wie z.B. einem Reich oder einem Staat her gedacht. Sie wird
vielmehr vom einzelnen Menschen her konzipiert und gestaltet.
Die Institution der "Politischen
Selbstständigkeit des einzelnen Menschen, des Individuums"
ist ein Verfassungsgrundsatz. Sie soll die Reihe der
demokratisch-republikanischen Institutionen abschließen, die
sich im modernen Rechtsstaates entwickelt haben. Sie
beinhaltet die persönliche politische Souveränität eines
jeden Menschen für sich selbst.
Damit soll erstens
erreicht werden, dass die politische Souveränität nicht mehr
an die geschichtlich zufällig entstandenen Nationalstaaten
gebunden bleibt. Politische Souveränität hat nicht mehr ein
Territorium als Voraussetzung. Die souveränen Individuen
können ihr kollektives Zusammenleben freier gestalten, weil
die Kollektivität nicht mehr Träger der Souveränität ist,
sondern ihnen, den Menschen dient. Natürlich müssen sich
die Menschen dann immer wieder einig werden, wenn keiner mehr
von oben bestimmt, wo es lang geht. Der Interessensausgleich
wird immer zu Belastungsproben führen und niemals ideal
gelingen. Dieser schwierige Lernprozess funktioniert
sicher besser, wenn alle ihn bewältigen müssen, weil die
Welt ihren hierarchischen und kollektivistischen Zuschnitt
verloren hat.
Zweitens soll durch die individuelle
Souveränität der rationale Charakter der modernen
rechtsstaatlichen Institutionen maßgeblich durch die
subjektive persönliche Verantwortung ergänzt werden. Indem
die politische Gestaltung des Zusammenlebens nicht mehr primär
in der Macht von funktionalen Aufgabenträgern, sondern
wesentlich in der Hand eines jeden von uns liegt, ist sie
näher bei den Menschen.
Das Wichtigste in der Welt
ist nicht mehr das Kollektiv, nicht mehr die Macht oder die
soziale Stellung im Kollektiv. Denn die individuellen Personen
besitzen eine eigene politische Bedeutung, über die es keine höhere Bedeutung gibt.
Die kollektive
Institutionen haben dann im wesentlichen nur noch
Dienstleistungscharakter. Ihr Zuschnitt wird flexibler. Die
Gesellschaft wird freier. Es werden viele Ressourcen und
Fortschrittskräfte frei, die dem Ausbau der materiellen
Stellung der Menschen im Leben und in der Welt dienen können
sowie der Bewältigung ökologischer Herausforderungen wie
z.B. die Folgen der Erderwärmung.
4. Gefühl
Wir Menschen werden von Gefühlen bestimmt, genauer
vom Stammhirn, das uns z.B. mitteilt, wo Gefahren lauern oder
wem wir vertrauen können. Leider senden die ABC
Massenvernichtungswaffen keine solchen Signale aus, die unser
Stammhirn aktivieren könnten. Es ist leicht, sie zu
ignorieren, weil ihre Zerstörungskraft jenseits alles
Normalen ist. Ihre Gefahr läßt sich nur mit dem Verstand
begreifen. Man muss sich die Vorstellungskraft dafür
erarbeiten, was da genau unser Leben bedroht. Gerade für die virtuelle
"Stunde Null" nach einem 3. Weltkrieg brauchte es geistige Imaginationskraft.
Weil aber die Menschen im Alltag oder in Ideologien feststecken, blenden sie
alles andere aus. So sitzt die Menschheit in einer Falle.
5.
Revolution der Mentalität
Die Geschichte hat zu oft
gezeigt, dass gewaltsamen Revolutionen uns nicht mehr helfen
können. Denn die neuen politischen Avantgarden werden im
Handumdrehen die Macht an sich reissen, solange es große
bewaffnete Kollektivstrukturen gibt, die missbraucht werden
können.
Der Prozess der Veränderung darf nicht
abrupt sein. Es nützt nichts, die bestehenden politischen
Ordnungen radikal über den Haufen zu werfen. Das würde den
Menschen extrem schaden, die Arbeit und Einkommen brauchen,
Nahrung und Unterkunft, ärztliche Versorgung und vieles,
vieles mehr. Im konkreten gesellschaftlichen Leben darf es
nur einen langsamen Transformationsprozess geben. Dieser
Prozess muss von "unten" gestaltet werden, nicht von
"oben"!
Die eigentliche Revolution geschieht
in der Mentalität der Menschen, wenn sie lernen zu verstehen,
dass "ihr" Staat, "ihre" Nation, keine
Garantie für die Zukunft mehr sind. Selbst wenn diese
Kollektive jetzt noch die politische und für manche eine
"heilige" Ordnung darstellen, selbst wenn wir in
unserem alltäglichen Leben vielfach von ihnen abhängig sind,
ist ihre Geschichte vorbei. Denn die Macht selbst der größten
Staaten im globalen Maßstab ist begrenzt. Daher können sie
den finalen ABC-Krieg nicht verhindern. Aber gerade die
größten und wichtigsten können ihn herbeiführen.
Alle
verfassten, partikularen Kollektive, die im globalen Rahmen in
letzter Konsequenz immer auf dem Primat der Macht beruhen,
sind zu Sargnägeln der Menschheit geworden. Denn die ABC
Massenvernichtungswaffen können nur abgeschafft werden, wenn
die Freiheit eine reale und verlässliche Größe im Leben der
Menschen geworden ist, die weder durch Diktatur und Gewalt
noch durch Armut in Frage gestellt wird.
Ist es also
vermessen, die ideelle Macht, die Macht des Geistes ins Feld
zu führen, um die Staaten, die über die ABC
Massenvernichtungswaffen verfügen, dazu zu bewegen, zusammen
ihre Waffensysteme abzuschaffen?
Ein großes
politisches Ziel ins Auge fassen, das die Welt in eine neue
Ära bringt, könnte ein ideelles Momentum erzeugen. Die
"Institution der politischen Selbstständigkeit des
Individuums" ist so ein Ziel! Durch sie kann das Ensemble
an Institutionen, das man im weitesten Sinne
demokratisch-republikanischen Rechtsstaat nennt, flexibler,
lokaler, kleiner, kontrollierbarer werden und die Bindung an
den nationalistischen Kollektivismus verlieren.
Die
Proklamation dieser Institution soll in einem ersten Schritt
als Idee wirken und eine Art geistiger benchmark oder ein
Schlüssel sein, um einen Raum des politischen Denkens in die
Zukunft zu öffnen, der auf die Freiheit verweist.
Wenn
der Fokus der Weltzivilisation weg von der partikularen
Kollektivität hin zur politischen Individualität gerichtet
wird, dann kann eine neue Art von Universalität entstehen,
die direkt vom Menschen, von jedem Menschen und seiner Sprache
repräsentiert wird.
Gerade weil diese Veränderungen
nur unter dem Zeichen der Freiheit möglich sind, kann man
nicht genau vorhersehen, wie sie im Einzelnen vor Ort und in
der Zukunft gestaltet werden. Die Vorstellung ist
falsch, dass man erst die materiellen, praktischen Probleme
lösen muss, bevor ein politischer Fortschritt denkbar ist.
Der geistigen Welt eines jeden Menschen einen
substantiellen politischen Wert zuzuerkennen, das wird die
größte Revolution der Geschichte sein. Insbesondere soll
jeder Mensch sich diesen Wert selbst zuerkennen und sich um
die entsprechende Mentalität bemühen.
Keine atomare
Macht kann man direkt zwingen, ihre ABC-Waffen zu
verschrotten. Aber im Zeichen dieser Revolution der Mentalität
muss die politisch-zivilisatorische Entwicklung in einer Weise
voranschreiten, die jede Art von größerer gesellschaftlicher
Machtkonzentration irgendwann als lächerlich gestrig wirken
läßt. Das Leben der einzelnen Menschen soll so eigenständig,
vielseitig und individuell werden, dass Machtausübung über
hunderttausende oder Millionen von Menschen nur noch als
primitiv und inadäquat erscheint.
Mit partikularer
politischer oder ökonomischer Macht oder durch das "Recht
des Stärkeren" (durch den Gewinner eines Krieges) ist
der weitere Weg der Menschheit jedenfalls nicht mehr zu
gestalten. Wer große Macht innehat, mag einen Teil der
heutigen Welt beherrschen. Aber er kann nicht für die Zukunft
stehen!
Exkurs: "Survival of the fittest" (Charles Darwin)
Darwins berühmter Spruch des "Survival
of the fittest", der ursprünglich von Herbert Spencer stammt, beinhaltet eine große Ungewissheit. Erst im
Nachhinein weiss man tatsächlich, wer überlebt hat, wer also der "Fitteste"
war.
Daher kann man die Frage stellen, ob die letzten 10 000 Jahre Menschheitsgeschichte
mit der sukzessiven Entstehung der heutigen Ultrahochzivilisation den
homo sapiens wirklich zu dem "fittesten" Lebewesen auf der Erde gemacht hat,
als das sich viele Menschen selbstverständlich sehen??
Ist der Mensch wirklich die mächtigste Art der Erde geworden, weil er viele andere
Lebewesen ausrottet?
Oder wird sich diese Art "zwischen Tier und Gott" im Zuge des Gebrauch ihrer unerhörten
Fähigkeiten, die alle natürlichen Maßstäbe sprengen,
selbst zugrunde richten? Ist sie also gar nicht die "fitteste" Art?
Es gibt einen kaum groß genug vorstellbaren Gegensatz zwischen der dummen
menschenverachtenden Primitivität, in der die Politik unserer Zeit durch einen großen Einsatz
der ABC-Massenvernichtungswaffen münden kann, einerseits, und andererseits der unübertrefflichen
Intelligenz und dem enormen geistigen Mut, die über Jahrhunderte akkumuliert
zur Erfindung und Herstellung dieser Waffensysteme nötig waren und sind.
Diese zivilisatorische "Schizophrenie" läßt sich auch als Widerstreit verschiedener
Regione des menschlichen Gehirns darstellen, Stammhirn = unmittelbare Gefahrabwehr und
Neocortex = überzeitliche Wissenschaft.
Das führt dazu, dass sich das abstrakte Wissen über extreme Gefahren, die aber nicht akut sind, und der
natürliche Impuls,
jetzt etwas gegen dräuende Gefahren zu tun, nur schwer verbinden lassen.
Diese "Schizophrenie" im Dasein des homo sapiens
ist der Grund dafür, dass es alles andere als sicher ist,
ob er die unglaublichen Innovationen der letzten zehntausend Jahre in den
kommenden Jahrhunderte überleben wird.
Die Epoche der gegenwärtigen Hochzivilisation,
die spätestens nach der letzten Eiszeit begann,
wird mehr und mehr von einem Prinzip beherrscht, das man als das "homo anus"-Prinzip
bezeichnen kann. Diejenigen Menschen, die die politischen Verhältnisse am maßgeblichsten
bestimmen, sind zugleich diejenigen, die die geringste Emphatie und Rücksichtsnahme
gegenüber anderen Menschen ausüben. Zugleich benötigen sie für das Erringen und
behalten der Macht narzistische Eigenschaften.
Das liegt nicht an angeblich fest eingeprägten "bösen" Eigenschaften der Menschen,
die es bei diesem in höchstem Maße von Kultur und Individualität geprägten
Lebewesen schlicht nicht geben kann. Personen, die Macht haben, können privat liebevoll
und emphatisch sein und zugleich ihrer kollektiven Funktion Massenmörder.
Das Problem liegt darin, dass sich Gesellschaften mit Tausenden,
Millionen oder gar Milliarden von Mitgliedern nicht anders regieren lassen
als emotional kalt und unter größter Missachtung der Einzelpersonen.
Und das sog. Volk ist in keiner anderen Position. Jeder Mensch hat eine begrenzte
Zahl anderer Menschen, denen er begegnet und vertraut. Alle anderen Menschen
kennt er nicht und kann kaum persönliche Rücksicht auf sie nehmen.
In diesem Zusammenhang ist auch das unfassbar grausame Verhalten
mancher Menschen gegenüber ihren Artgenossen
entstanden, für das es im Tierreich kein auch nur entfernt vergleichbares Beispiel gibt.
Wenn sich der homo sapiens als nicht fit genug zum Überleben herausstellen sollte,
könnte das daran liegen, dass bei ihm das Zusammenleben innerhalb der eigenen Art
seit vielen Jahrtausenden nicht mehr nur von Zurückhaltung, Friedfertigkeit
und sozialer Klugheit bestimmt wir.
Stattdessen dominieren viel zu oft Kampf
auf Leben und Tod und das sog. "Recht des Stärkeren" als ultima ratio das Zusammenleben.
Das hat zu einem absolut anomalen Gesellschaftszustand geführt, welchen englische Philosoph
Thomas Hobbes mit der Formel: "Der Menschen ist des Menschen Wolf" charakterisiert hat.
Die Gleichzeitigkeit dieses anomalen Gesellschaftszustandes mit der Verfügung über
ABC Massenvernichtungswaffen ist eine fatale, eine geradezu suizidale Kombination.
Sollte sich der homo sapiens sapiens aber doch als fit genug zum Überleben herausstellen,
dann weil es ihm gelingt, die tiefsitzenden Kulturen des Hasses auf "ferne" Menschen zu beenden,
die zu Todfeinden erklärt werden, obwohl man sie nicht persönlich kennt.
Die überwältigende Gemeinschaftlichkeit, Solidarität, Liebe und Freundschaft,
mit der sich Menschen überall auf der Welt gegenseitig helfen, mit der Menschen Kinder bekommen,
sie großziehen und ihnen ins Leben helfen, all das gemeinsame
Streben um Leben und Fortkommen in Familien, Städten und Völkern hilft der
menschlichen Art heute alleine nicht mehr weiter. Nichts davon kann die Jünger des Kampfes
und der totalen Feindschaft besänftigen oder befrieden. Nichts davon kann die Bedrohung
durch die ABC Massenvernichtungswaffen aus der Welt schaffen.
Wenn hunderte von Millionen national-ideologisch aufgehetzte Menschen gegen andere
hunderte Millionen von derart aufgehetzten Menschen, mit denen sie keinerlei persönlichen Kontakt haben,
in einen sinnlosen ABC-Krieg ziehen, der die globalen Lebensbedingungen grundlegend
ins Negative verändert, kann das im Sinne des Kriteriums "survival of the fittest"
von Darwin als Beweis gewertet werden, dass der homo sapiens nicht fit
genug ist zum Überleben.
Die Gegenargumente des politischen Realismus
Wenn man heutzutage Realist ist, dann ist
man Pessimist! Wenn man etwas Positives denkt, dann ist es
diesem Pessimismus abgetrotzt. "Du hast keine Chance,
also nutze sie!" (Herbert Achternbusch) Er ist
überwältigend, der pessimistische Realismus!
1.
Von dieser neuen individuelle Institution wird kein einziger
Mensch satt. Keiner bekommt durch sie ein Dach über den Kopf
oder Schutz vor Leuten, die ihm Böses wollen. Keines der
drängenden praktischen Probleme der Gegenwart wird dadurch
gelöst.
2. Wer sollte den nordkoreanischen Diktator
dazu bewegen, seine Atomwaffen zu verschrotten?
3. Der
Schritt zu einer politischen Institution des Individuums ist
für die heutige Menschheit und für die heutige Welt zu groß,
weil wir Menschen zu "klein" oder schwach sind für
so viel Freiheit und Verantwortung.
4. Ein solcher
Schritt unterstützt die Tendenzen zu Egoismus und
Selbstgerechtigkeit, die heute immer mehr um sich greifen.
5. Viele Menschen sind durch Erziehung und Biographie,
seelisch und ökonomisch auf Gedeih oder Verderb an ihre
Kollektive wie Religionen, Nationen, Firmen, Clans, Sekten,
Gruppen etc. gebunden, so dass sie gar nicht in der Lage sind,
sich als unabhängige Individuen wahrzunehmen. Dafür sorgen
nicht zuletzt die jeweiligen Machthaber.
6. Die neuen
"Institution der politischen Selbstständigkeit des
Individuums" ist durch ihre Abstraktheit für uns
Menschen sehr schwer zu erfassen. Man verlangt vom Blick in
die Zukunft, dass genau gesagt wird, wie es weitergeht.
7.
Die modernen Gesellschaften und die Weltgesellschaft sind
komplex organisiert und von hochprofessionellen Tätigkeiten
in verschiedensten kollektiven Institutionen und Systemen
abhängig. Damit sind auch die allermeisten Menschen von
diesen funktional differenzierten Verfahren und ihren
Funktionseliten abhängig und zwar mehr als je zuvor in der
Geschichte.
8. Es gibt unzählige arme, kranke und
unfreie Menschen, die einen solchen Schritt zu individueller
politischer Freiheit gar nicht wollen können, weil es für
sie viel Wichtigeres, Essentielleres zu erkämpfen gilt.
9.
Die alten Kollektivmächte und das "Recht des Stärkeren"
sitzen noch fest im Sattel. Man nehme als Beispiel die
riesigen Militärapparate: Sie geben überall auf der Welt
vielen Menschen Lohn und Brot. Zwar verschwenden sie unfassbar
große Mengen an Ressourcen (und produzieren entsprechend viel
CO2) ohne wirklichen produktiven Nutzen. Aber auch das ist
eine Art Wirtschaftskreislauf auf der Basis von Steuergeldern.
Es war Dwight Eisenhower, der in seiner letzten Rede als
US-Präsident vor dem militärisch-industriellen Komplex
warnte. Der lebt auf der ganzen Welt (gut) von der Feindschaft
der Nationalstaaten und dem Geltungsdrang der Machtpolitiker.
10. Ein weiterer Grund für den "realistischen"
Zweifel an der menschlichen Fähigkeit zur Selbstbestimmung
ist die Tatsache, dass diese Institution der "Politische
Selbstständigkeit des Individuums" einem gängigen
Menschenbild widerspricht, wonach "der Mensch des
Menschen Wolf ist". Dieses Menschenbild ist sehr
pessimistisch und trifft sicher nur auf eine Teil der Menschen
zu. Die meisten Menschen sind eher nicht des anderen "Wolf",
solange sie nicht am Abgrund stehen. Das Leben der Menschen
auf der Erde könnte gar nicht ungleicher sein, es reicht
sozusagen vom Militaristen im Generalstab oder vom
Gang-Mitglied im Slum bis zur Nonne im Kloster oder zur
Krankenschwester im Hospital. Die Menschen sind Kulturwesen
und leben tausende verschiedene Menschenbilder! Sie leben
sogar in ein und demselben Haus nicht das gleiche
Menschenbild!
Aber die kollektiven Machthaber
verbreiten das böse Bild des Menschen als "Wolf"
des anderen und suchen nach Bestätigungen dafür: Man kann
niemandem trauen! Dass das stimmt, dafür sorgen sie manchmal
selbst. Aber auch politische Gewaltäter jeglicher Couleur
kommen ihrer Agenda entgegen. Selbst von einem Zusammenbruch
der Systeme würden sie eher profitieren. All das gibt den
Machthabern auch in Demokratien die Möglichkeit, die Existenz
von umfangreichen Sicherheitskräfte und Armeen zu begründen,
die nicht zuletzt auch ihre Macht absichern. Sie haben das
staatliche Recht und das "Recht des Stärkeren" auf
ihrer Seite. Dagegen anzukämpfen wäre sinnlos.
11.
Eine andere Version des negativen Menschenbildes: Der Mensch
ist ein kleingeistiger Egoist, der nicht bereit ist, auch nur
einen Millimeter über den Tellerrand seiner eigenen
Lebensumstände und seiner Karriere zu schauen. Aber er ist
bereit, mit allen Mitteln zu kämpfen, wenn er glaubt, man
will ihm etwas wegnehmen.
12. Nicht nur die Mächtigen
verhindern eine zivile Welt, auch ein großer Teil der
Menschheit ist grundsätzlich eher bereit, andere bis zum
bitteren Ende zu bekämpfen als mit ihnen Frieden zu
schließen. Der Nationalismus hat zuerst den "Westen" und dann die ganze Welt
in Stammeshorden verwandelt, die bereit sind, innere und äussere Feinde
am Marterpfahl zu foltern oder den Nachbarstamm auszurotten.
13. - ?. Die Liste der Umstände und
Aktivitäten, die die Welt in Atem halten und das Streben nach
Emanzipation konterkarieren, läßt sich kaum abschließen:
Die massiven Auswirkungen der Klimakatastrophe wie der Anstieg
des Meeresspiegels oder der immer umfassendere Wassermangel,
Flüchtlingsströme, Jahrtausende alte Gewaltkulturen, die
organisierte Kriminalität, der aggressive Nationalismus,
Diktaturen und Mehrheitsdiktaturen, die Schattenseiten des
Kapitalismus, der liberale Individualismus, ökologische
Zivilisationsschäden, ideologisches Schwarz-Weiss-Denken,
mangelnde Bildung, Hass zwischen Religionen und
Weltanschauungen, Hass zwischen Völkern, Konkurrenzdenken von
Staaten und Führern, die vor dem Äussersten nicht
zurückschrecken, ... Und dabei sind die lokalen
Lebensumstände in den Ländern und Regionen der Erde noch
nicht mit einbezogen. Wie geht es den Menschen im zerbombten
und entvölkerten Syrien? Wie soll man die Überbevölkerung
in Indien bewältigen?
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(hier können Sie Ihre Gegenargumente eintragen)
Wie sollen die Menschen unter diesen Umständen
den gemeinsamen freien Geist entwickeln können, um die großen
Mächte und Machtmenschen erfolgreich herauszufordern? Die
Institution der "Politische Selbstständigkeit des
Individuums" erscheint angesichts dieser(!) Menschheit
kaum eine mögliche Option zu sein?
Da man aber
irgendwo anfangen muss, wenn man etwas erreichen will, ist der
erste Schritt, den zeitgenössischen Realismus in Frage zu
stellen. Was nützt ein Realismus, wenn er die Menschheit
in den Dritten, den ABC-Weltkrieg führt? Muss man nicht eine
echten Schritt über den Ist-Zustand der Welt zumindest
hinausdenken?!
Die Erkenntnis, dass die Menschheit im
Großen noch nicht reif ist für die "Institution der
politischen Selbstständigkeit des Individuums" ist kein
Argument dafür, nicht dort damit zu beginnen, wo es möglich
ist - und sei es in kleinen Schritten.
Wolfgang
Behr
(21. Jahrhundert)
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